23.April.2021 - Benjamin Rudolph
Weite und Bedeutung finden in begrenzter Zeit
Wer wünscht sich nicht endlich wieder Normalität zurück? Eine Zeit in der wieder Dinge möglich sind, wo wir uns als Menschen miteinander verbinden und entfalten können. Gemeinschaft, Kreativität und Kultur genießen. Wenn ich mich so zurückerinnere, kommen mir Momente in den Kopf die mir zum Teil wie ein Märchen aus uralter Zeit vorkommen. In diesen Bildern verbirgt sich…mein Warten und Sehnen, denn:
Klirren sollen wieder die Gläser /
der Wein noch lange nicht aufgebraucht,
denn vertieft durch das Gespräch /
in weiterer Runde unter Freunden /
da spricht das Leben – komm und genieß!
Umarm das Leben und die Gemeinschaft /
finde Bedeutung, weiten Raum!
Keine Enge, keine Grenzen /
Horizonte, Himmel, Leben.
Diese Worte einer Freundin, habe ich mit meinen eigenen Gedanken ergänzt, die meinen eigenen Schmerz ein wenig beschreiben, wenn ich an die lauen Sommerabende mit Freunden zurückdenke. Diese Highlights fehlen mir. Denn Gemeinschaft ist meine Art und Weise das Leben zu genießen und als Schönheit zu begreifen. Ich entdecke den Anderen, mich und Gott darin. Wie Martin Buber es so schön in „Ich und Du“ beschreibt: Der Mensch wird am Du zum Ich.
Ich habe aber in dieser Zeit auch gelernt, dass es dazu nicht immer nur diese Highlights braucht. Ich habe verstanden, dass ich mich selbst sehr begrenze, wenn ich mich von diesem besonderen Momenten abhängig mache. Auf einem Parkplatz bei Binzen habe ich für mich was wertvolles gelernt. Ich wäre fast daran vorbei gegangen, wenn ich nicht genau hingesehen hätte. Da waren Wurzeln eines Baumes, die sich in dem Rand der aneinandergelegten Pflastersteine, sich ihren Weg über den Parkplatz suchten. Das war ein schöner Moment für mich, weil mir klar wurde, dass Gott in meinem Leben, auch in den schmalen und engen Passagen, gegenwärtig ist. Dadurch kann mir auch in begrenzen Zeiten jeder Moment bedeutungsvoll werden, wenn ich achtsam das Kleine und Leise in meinem Leben wahrnehme.
Dann kann eine Begegnung mit einem Bekannten auf der Straße mit 1,5 m Abstand auch zu einem schönen Moment werden. Das schöpferische Gestalten des Gartens und der Blick in den Sonnenuntergang wird zu einem dankbaren Akt des Staunens. Oft finde ich dann kleine Worte, wie die obigen, um meine Gedanken Ausdruck zu verleihen. Sie sind nicht groß – für mich aber bedeutungsvoll.
Und irgendwann ist die Weite wieder da, der Raum zur Entfaltung. Die Möglichkeit zum kreativen Gestalten von Gemeinschaft und Kultur. Und wenn es wieder soweit ist, dann hoffe ich, dass ich mich daran zurückerinnern kann, wie schön die Momente im Leisen und Unscheinbaren waren und Gott darin zu finden war.