Kontor Konkret

30.April.2021 - Göran Schmidt

Wald.Rand.Glauben

In den engen Tagen dieser Zeit, wenn Wege sich verlaufen zwischen Bett und Schreibtisch, zwischen Küche und Balkon, da werden sie zu etwas Besonderem, meine Spaziergänge und Wanderungen am Abend. Über Felder und durch Wälder gehen sie, und sie werden zu meinen Fluchtpunkten und Trostmomenten im Corona Einerlei. Immer wieder sind es Begegnungen und Freundschaften, die diesen Weg zu etwas Besonderen machen. Aber oft sind es auch einsame Wege – Wege nur mit mir selbst – und mit Gott.

Die Momente der Stille und Einsamkeit, sie sind laut geworden nach so viel Wochen und Monaten. Die Ablenkung fehlt und die frohsinngetriebene Ausgelassenheit. Die Zerstreuung des Feierns und die Inspiration des Austauschs. Der Geruch der Haut von lieben Menschen und der Tanz des Glücklichseins. Stattdessen begegne ich oft meinem Innen, meinen in der Einsamkeit sich bemerkbarmachenden dunkeltrauernden Anteilen. Spüre mein Herz, meine Angst und Rastlosigkeit und irgendwo dazwischen auch meine Sehnsucht.

Sehnsucht nach Spiritualität, der Verbindung mit dem Dahinterliegenden und Übersteigendende Sehnsucht nach dem Tieferen und Größeren. Und in diesem spüren und laufen in der Natur begegnet mir am Waldrand der Schöpfer. Und ich denke an ein Gedicht von Elie Wiesel, das mich schon lang begleitet:

„Warum gehst Du in den Wald“, fragt der Vater.
„Um Gott zu suchen“, antwortet der Knabe.
„Aber – ist Gott denn nicht überall?“
„Er schon“, sagt das Kind,
„aber ich bin nicht überall derselbe“.

Im Wald bin ich ein Anderer. In der Schöpfung kommt mir der Schöpfer nahe. Der Ewige wird gegenwärtig. Und diese Gegenwart ist göttlich. In den kleinen Zaubermomenten des Weges. In der geheimnisvollen Wurzelhöhle, im zitternden filigranen Farnblatt des letzten Sommers. Im Sonnenstrahl, der das Dunkel des Weges hell werden lässt. Im verschwommenen Glitzern des Himmels durch das hellgrün frühlingshafte Blätterdach. Im Vogelzwitschern gegen die tönende Stille, im Rauschen der Blätter und im Rascheln des Laubes liegt plötzlich Trost und Segen.

In den Metaphern des Weges kommt mein Glauben mir nahe. Dann tröstet mich „sein Stecken und Stab“[1] auf geheimnisvolle Weise im Wanderstab in meiner nach Halt suchenden Hand. Dann bereitet Er mir einen Tisch, aus Vesperbrot und Landjägersalami, im Angesicht aller eigenen und fremden Feindlichkeiten[2]. Dann hält ER mich bei seiner „rechten Hand“[3] und ist bei mir, jeden Schritt und Tritt. Und ich darf lachen, weil im „Baumgesicht“ mich die Freundlichkeit des Ewigen anlacht, weil im Rasten auf der Bank mir „Engel dienen“[4], weil „Gutes und Barmherzigkeit“ sich scheinbar ungeplant verweben in meinen Weg. Und ich spüre…in allem ist mir Gott nahe. Mit dem Schrei des Falken bekomme ich neue Kraft für den Weiterweg.[5] Und auch wenn mich mein Herz verdammt, ist er grösser als mein Herz.[6] Und am Weg- und Waldrand ertönt eine alte Melodie von David: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“[7]…auf allen meinen Wegen. Und draußen unterwegs – geht mein Herz auf für Gott.   

Göran Schmidt, Neulandentdecker und Gottsucher 

 

[1] Psalm 23, 4

[2] Psalm 23, 5

[3] Psalm 37,23

[4] Matthäus 4,11

[5] Jesaja 40,29-31

[6] 1 Johannes 3,20

[7] Psalm 19,2

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