Kontor Konkret

19.Februar.2021 - Gabriele Hartlieb

Trotzdem! Lachen

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Fasnet fällt in diesem Jahr aus, der organisierte Spaß hats schwer, über eine Krise soll man sich nicht lustig machen. Aber das Lachen ganz lassen? Nicht im Ernst.

Ich weiß doch aus kritischen Situationen, in anstrengenden Verhandlungen, auf unsicheren Wegen: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

 

Lachen ist schließlich gesund!

Und ich finde: das ist auch eine ganz angemessene Reaktion. Lachen ist schließlich gesund, stärkt die Abwehrkräfte, Humor ist die Kunst, lange Wege kürzer zu machen und Spannungen zu lösen. Humor hilft Durchhalten, Humor hat die Kraft, gegenwärtige Unannehmlichkeiten nicht durch schlechte Laune vergrößern. Im Humor steckt Trotz, Humor widersteht der Resignation, weil er weiß, dass es anders sein kann. Humor relativiert die gegenwärtige miese Lage und malt sich aus, dass es morgen besser werden wird.

„Dem kommenden Tag lacht sie entgegen“, heißt es im biblischen Buch der Sprüche von der „tatkräftigen Frau“ (31,25). Mit einem Loblied auf sie endet diese Schrift altorientalischer Weisheit. Auch wenn ich mich definitiv nicht 100%ig mit dem Frauenbild identifizieren mag, das – ich wette: Männer, und – in der unerbittlich patriarchalen Gesellschaft damals gemalt haben: Dem kommenden Tag entgegenlachen – das will ich auch! Ganz klar, das ist leicht in glücklichen Zeiten für Frauen und Männer, denen es gut geht. Aber in Zeiten der Krise? Lachen trotz Corona, Klimakatastrophe, Demokratiekrise, wirtschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen Großmächten, gewaltsamer Unterdrückung von Demokratiebewegungen, nicht endenden und neu aufflammenden Kriegen? Die Welt scheint aus den Fugen zu geraten – kann das jemand im Ernst mit Humor betrachten und sehenden Auges dem kommenden Tag entgegenlachen?

Ich finde: Ja. Und halte es sogar für not-wendig.

 

Humor

Ich habe mal Germanistik studiert, unter anderem, weil ich hochspannend finde, was Wörter mit ihrer Geschichte sagen. Der Humor sagt mir, zum Beispiel: dass er mit dem Humus zusammenhängt, der guten, fruchtbaren Erde, auf der Pflanzen gedeihen. Humor ist fruchtbar, Humor ist guter Nährboden für neue Perspektiven, andere Sichtweisen.

Humor lockert Festgefahrenes und lindert den Schmerz. Und weckt so Hoffnung. Gleichzeitig bleibt er hart an der Realität, ist, wenn man genau hinhört, erdverbunden. Die Hoffnung, die im Humor steckt, ist realistisch, bleibt auf dem Boden der Tatsachen, weil sie Demut hat – ein altes christliches Wort, es war verstaubt, bis vor einem Jahr. Seither höre ich es oft, von Politikern und Wissenschaftlerinnen. Demut, das ist eine Sorte Mut, die Corona gerade lehrt; und über einen Umweg ins Englische ist Demut noch enger mit dem Humor verbunden. Denn humility ist ebenfalls unmittelbar verwandt mit humus, der Erde. Und mit mir. Als Mensch bin ich human, erdenhaft. Menschen sind humans, Erdlinge, human beings – Erdenwesen. Zur Erde gehörig. Da kann ich schnell den logischen Schritt zu einer Humanität machen, die im zugewandten, gemeinschaftsorientierten menschlichen Handeln auch das für die Erde nachhaltige versteht. humaneness, humility und humor – nichts geht ohne die Erde.

 

Demut und Humor: beide setzen positive Energie frei, weil sie den nicht abwerten, der es anders sieht, weil sie das nicht lächerlich machen, was entgegensteht. Weil sie es leichter nehmen, ohne leichtfertig zu sein. Beides sind ganz menschliche, nämlich humane Eigenschaften. Zur Humanität gehört, sich nicht selbst für das Wichtigste oder den Größten zu halten, sich nicht absolut zu setzen. Zu wissen: ich bin relativ wichtig, relativ klein, relativ reich, es geht mir relativ gut. Womöglich habe ich gut lachen, ich weiß: aber das eben darum, weil ich Vertrauen habe in den Boden, der mich trägt – und wie mich alle Erdenwesen. Ich hoffe auf Regenerationskräfte. Weil ich glaube: Gott umfasst das Universum. Es kommt auf mich an in der Krise, und dass und wie es weitergeht. Aber es hängt nicht von mir ab. Karl Rahner nennt diese Hoffnung eine Tugend des Alltags, „in der man das Mögliche macht und das Unmögliche Gott zutraut.“  Das hält mich im Gleichgewicht, anders als bemühter Zweckoptimismus oder zynischer Galgenhumor. Diese Hoffnung hat Schwung, sie trotzt der Resignation – und lacht dem kommenden Tag entgegen. In der Erwartung: der kommende Tag wird zurücklachen. Every day for future!

 

Quelle: Photo by Dan Cook – Unsplash

 

 

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